Die Erstveröffentlichung des folgenden Textes erfolgte in der Richterzeitung: Jonas Achermann, Strafzumessung mit Hilfe künstlicher Intelligenz?, in: «Justice - Justiz - Giustizia» 2024/3

Strafzumessung mit Hilfe künstlicher Intelligenz?

Die richterliche Zumessung der Strafe ist geprägt von weiten Ermessenspielräumen und ihr haftet – nicht gänzlich unberechtigt – das Etikett der Willkür an. Mit vorliegendem Beitrag wird dargelegt, wie die künstliche Intelligenz einen Beitrag für eine rechtsgleiche und somit gerechtere Strafzumessung leisten kann.

Einleitung

[1] Spätestens seit das Unternehmen OpenAI mit ChatGPT Ende November 2022 ein leicht zugängliches und daher massentaugliches Large Language Model veröffentlicht hat, ist die «künstliche Intelligenz» (KI) in aller Munde. Unter diesem Begriff wird eine Technologie angesprochen, deren theoretische Grundlagen zwar lange vor dem gegenwärtigen digitalen Wandel erforscht worden sind, die jedoch erst dank der stetig voranschreitenden Rechen- und Speicherkapazitäten von Computern für den Alltagsgebrauch nutzbar wurde. Die Bezeichnung rührt daher, dass die Leistungsfähigkeit der KI von der Arbeitsweise bzw. der Intelligenz des menschlichen Gehirns inspiriert ist. Die KI soll unter anderem komplexe menschliche Entscheidungen, die mit einer auf der Lebenserfahrung gestützten Intuition gefällt werden, nachahmen und damit assistieren oder gar gänzlich substituieren.

[2] Angesichts dieser erhofften Leistungen vermag es nicht zu verwundern, dass vermehrt Überlegungen angestellt werden, wie die KI innerhalb der Justiz gewinnbringend genutzt werden könnte und unter welchen Bedingungen ihr Einsatz bei der richterlichen Tätigkeit zulässig sein kann.1 Der vorliegende Beitrag nimmt sich am Beispiel der Strafzumessung diesen beiden Fragen an und legt dar, wie bestimmte Methoden der KI genutzt werden können, um einen Beitrag für eine gerechtere Sanktionierung zu leisten. Zu diesem Zweck wird in einem ersten Teil aufgezeigt, welche Herausforderungen bei der Ausübung der Strafzumessung bestehen (I.), um darauf aufbauend darzulegen, wie diese mit dem Einsatz der KI besser bewältigt werden können (II.). Zuletzt wird begründet, wieso die Vorbehalte, welche gegen den Einsatz von KI in der Justiz angebracht worden sind, auf die hier vorgeschlagene Anwendung nicht zutreffen (III.).

I. Die Strafzumessung in Theorie und Praxis

1. Der Begriff der Strafzumessung und deren gesetzliche Grundlagen

[3] Unter dem Begriff der Strafzumessung wird der Vorgang verstanden, anlässlich jenem die Strafbehörde die Art und das Mass (verstanden als Dauer einer freiheitsentziehenden bzw. als Höhe einer pekuniären Sanktion) der Strafe festlegt, welche wegen einer Straftat ausgesprochen wird. Der gesetzliche Ausgangspunkt dieses Vorgangs bildet in jedem Fall der vom verwirklichten Straftatbestand abgesteckte Strafrahmen, in welchem sich die für die fragliche Straftat auszusprechende Strafe grundsätzlich zu bewegen hat. Dazu ist festzuhalten, dass die einzelnen Straftatbestände – bewusst2 – jeweils einen weiten Strafrahmen vorsehen. So ist es etwa möglich, einen Betrug i.S.v. Art. 146 Abs. 1 StGB mit einer Geldstrafe von drei Tagessätzen oder mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren zu bestrafen. Es ist selbstredend, dass zwischen diesen beiden möglichen Strafmassen für die betroffene Person «Welten liegen». Darüber hinaus öffnet sich dieser ohnehin schon weite richterliche Ermessenspielraum erheblich, wenn bspw. mehrere Straftatbestände verwirklicht worden sind und/oder Strafmilderungs-/Strafschärfungsgründe vorliegen, was es der Strafbehörde erlaubt, den tatbestandlich abgesteckten Strafrahmen zu verlassen.

[4] Innerhalb dieses gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens ist anlässlich einer «Strafzumessung im engeren Sinne» die im Einzelfall «angemessene Strafe» festzusetzen. Die gesetzlichen Vorgaben für diese angesichts des weiten Ermessensspielraums anspruchsvolle Aufgabe sind dem Strafgesetzbuch aus Art. 47 bzw. – für Übertretungen – aus Art. 106 zu entnehmen. Primäres Kriterium für die Bemessung der Strafe ist nach beiden Bestimmungen das «Verschulden». Gemäss der Auslegung des Bundesgerichts gehe es dabei im Kern um den Vorwurf an den Täter, sich tatbestandsmässig und nicht anders verhalten zu haben, obwohl letzteres möglich gewesen wäre – also um das «Mass der Vorwerfbarkeit des Rechtsbruchs».3 Wie es regelmässig betont, sei das für die Strafzumessung massgebliche Verschulden aus dem «gesamten Unrechts- und Schuldgehalt» der konkreten Straftat abzuleiten.4

[5] Aus diesen floskelhaft anmutenden Formulierungen geht zumindest hervor, dass nach der gesetzlichen Konzeption hinsichtlich der Festsetzung der im Einzelfall angemessenen Strafe zahlreiche Sachverhaltskriterien berücksichtigt werden müssen. In Rechtsprechung und Lehre besteht Einigkeit darüber, dass die in Frage kommenden Kriterien in zwei grobe Hauptkategorien, in die sog. Tat- und Täterkomponenten, aufzuteilen sind.5 Diese Aufteilung lässt sich auch dem Strafgesetzbuch entnehmen, indem es in Art. 47 Abs. 2 die einzelnen Tatkomponenten aufzählt, die zur Festsetzung des zumessungsrelevanten Verschuldens massgebend sind, und in Abs. 1 Satz 2 derselben Bestimmung einzelne Täterkomponenten ausformuliert, welche bei der Strafzumessung ebenfalls zu berücksichtigen sind.

[6] Bei diesen Kriterien nach Art. 47 ff. StGB handelt es sich um interpretations- und ausfüllungsbedürftige Generalklauseln. Der Gesetzgeber hat diese unbestimmte Formulierung gewählt, weil er sich bewusst ist, dass die Frage, wann ein bestimmtes Strafmass angemessen ist, nach unterschiedlichen und im Einzelnen umstrittenen Gesichtspunkten beantwortet werden kann.6 Um diese Grundsatzfrage nicht vorwegnehmen zu müssen, hat er mit der gewählten Gesetzgebungstechnik die Aufgabe der Findung des im Einzelfall gerechten Massstabs, an welchem sich das Angemessenheit der Strafe zu messen hat, an die Anwenderinnen und Anwender delegiert.7

[7] Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass den Strafbehörden bei der Strafzumessung ein grosser Ermessenspielraum zukommt, welcher durch die wenig konkreten gesetzlichen Vorgaben kaum eingeschränkt wird.8 Ein solches Legiferieren ist angesichts des Umstands, dass die Art sowie die Höhe der Strafe für die davon betroffene Person von unmittelbarer Bedeutung ist und einen wesentlichen Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt, durchaus überraschend. Gemessen an der Tatsache, dass mit der Entscheidung über die Sanktion das Strafurteil für den Angeklagten konkret spürbar wird, sowie am Ideal, dass Gesetze staatliche Willkür verhindern, ist die Strafzumessung somit die «am schlechtesten gelöste»9 Aufgabe der strafbehördlichen Tätigkeit.10

2. Die Strafzumessung in bundesgerichtlicher Rechtsprechung und im rechtswissenschaftlichen Schrifttum

[8] Es entspricht der üblichen Arbeitsweise der Juristinnen und Juristen, dass sie bei einer unklaren Gesetzeslage prüfen, welche Vorgaben und Hilfestellungen einerseits der Rechtsprechung sowie anderseits der Lehre zu entnehmen sind. In der Tat hat das Bundesgericht – nachdem es sich lange zurückgehalten hat, in die weitgehend undurchsichtige Strafzumessungspraxis der kantonalen Gerichte einzugreifen – in den letzten Jahrzehnten begonnen, eine (in besonderen Konstellationen höchst anspruchsvolle) «Strafzumessungsmethodik» zu etablieren, deren Nichtbeachtung es als Verletzung von Bundesrecht taxiert:11 Weil die entscheidende Rolle für das Strafmass dem (objektiven und subjektiven) Tatverschulden zukomme,12 habe das Gericht in einem ersten Zwischenschritt abzuwägen, welche verschuldensmindernden und -erhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen. Das Tatverschulden sei nach dieser Einschätzung qualitativ zu bewerten (leichtes, mittelgradiges oder schweres Tatverschulden) und es sei – zumindest in bestimmten Konstellationen, etwa wenn eine verminderte Schuldfähigkeit oder mehrere Straftaten vorliegen – nach Massgabe dieser Schuldbewertung vor dem Hintergrund des konkret anwendbaren Strafrahmens eine sog. «hypothetische Einsatzstrafe» festzulegen. Diese Einsatzstrafe sei sodann in einem zweiten Zwischenschritt anhand der Täterkomponente und/oder anderen tatunabhängigen Gesichtspunkten (bspw. Vorstrafen, Geständnis oder Asperation im Rahmen der Gesamtstrafenbildung bei mehreren verwirklichten Straftatbeständen) anzupassen.13 Da sich das Bundesgericht jedoch nicht dazu äussert, wie die qualitative Tatverschuldensbewertung «rechnerisch» umzusetzen ist, vermögen diese höchstgerichtlichen methodischen Vorgaben hinsichtlich der Findung der im Einzelfall angemessenen Strafe jedoch kaum weiterzuhelfen.14

[9] Auch der Blick in das rechtswissenschaftliche Schrifttum ist bezüglich der konkreten Festsetzung der Strafe selten erhellend. Zwar hat die Lehre gemeinsam mit der Rechtsprechung zuweilen in eindrucksvoller Zahl bestimmte (Sachverhalts-)Kriterien bzw. Merkmale (sog. «Strafzumessungsfaktoren») herausgearbeitet, welche für die Bewertung des Tat- und Täterverschuldens von Belang sein sollen. So soll bspw. bei den Vermögensdelikten insb. der Schadens- bzw. der Deliktsbetrag im Vordergrund stehen, welchem eine «ganz erhebliche Bedeutung» zukomme.15 Wie diese Bewertung bei der Bemessung konkret umzusetzen ist, bleibt nicht selten im Dunkeln. Abgesehen vom Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts, wo das Schrifttum verschiedene konkrete Vorschläge für die Bemessung der Strafe basierend auf der gehandelten Menge, der Art der Betäubungsmittel als auch der Stellung des Täters im Gefüge des Handels abgeben hat,16 unterlässt es auch die Lehre regelmässig, numerische Angaben zur Bedeutung der einzelnen Strafzumessungsfaktoren zu machen.

3. Die Strafzumessung in der Rechtswirklichkeit

[10] Wie die Strafe in der Rechtswirklichkeit gebildet wird, ist sowohl für die Betroffenen wie auch die Öffentlichkeit nur schon deswegen wenig transparent, weil dieser Vorgang weder publikums- noch parteiöffentlich ist. Externe können diesbezüglich nur auf die wenigen Erfahrungsberichte von Praktikern zurückgreifen. Diese fallen vor dem Hintergrund des soeben dargelegten theoretischen Programms durchwegs ernüchternd aus: So wird berichtet, dass die höchstgerichtlichen Vorgaben zur Strafzumessung wenig bis keinerlei Relevanz aufweisen würden.17 Hinzu komme, dass in der Rechtswirklichkeit – gemessen am hehren Anspruch, wonach die Festsetzung der Strafe vom «gesamten Unrechts- und Schuldgehalt» im konkreten Einzelfall abhängig zu machen sei – die Zahl der für die Straffestsetzung effektiv massgebenden Gesichtspunkte und deren Individualisierung bescheiden sei.18 Von solchen Feststellungen nicht überrascht sein dürfte, wer schon mal persönlich einer gerichtlichen Strafzumessung beigewohnt hat, wo es mitunter «hemdsärmelig-pragmatisch» und «intuitiv» zu- und hergehen kann.19

[11] Durchaus berechtigt ist daher ketzerische Frage, ob mit dem durch die vagen bundesgerichtlichen Vorgaben kaum eingeschränkten gesetzlichen Ermessenspielraum der Willkür Tür und Tor geöffnet wird.20 Weder die mittlerweile in Art. 50 StGB festgehaltenen Begründungsanforderungen, noch die höchstgerichtlich etablierte Strafzumessungsmethodik vermögen zu verhindern, dass – bewusst oder unbewusst – in verdeckter Weise illegitime Gründe (wie etwa das Geschlecht, der soziale Status, die Nationalität oder die Herkunft einer Person; Restzweifel bezüglich der Beweisfrage; Vorbehalte bezüglich den gesetzgeberischen Kriminalisierungsvorentscheidungen) in die Strafzumessung miteinfliessen oder dass grundsätzlich legitime Strafzumessungsgründe (bspw. die Erscheinung sowie das Auftreten der beschuldigten Person anlässlich der Hauptverhandlung) bei der Sanktionierung ein unzulässig hohes Gewicht einnehmen.21 Vielmehr kann die bundesgerichtliche Methodik mühelos dazu benutzt werden, einer «willkürlich gefundenen Strafe nach aussen das Mäntelchen einer bestimmten Systematik» umzuhängen und dieserart die wahren Strafzumessungsgründe zu verdecken.22 Wenn der erfahrene Strafrichter und Alt-Bundesrichter HANS MATHYS in seinem Leitfaden zur Strafzumessung (als Argument gegen den Strafmassvergleich mit früheren Strafurteilen) ins Feld führt, dass die konkreten Umstände, die bei einem Strafurteil massgebend gewesen seien, «häufig nicht oder nicht ausreichend bekannt» seien,23 so kann dies kaum anders gelesen werden, als ein (wohl unfreiwilliges)24 Eingeständnis der beruflichen Erfahrung, dass die schriftliche Begründung bezüglich des Strafmasses mit den tatsächlichen Zumessungsgründen bisweilen wenig gemein hat.25

[12] Auch wenn ich überzeugt bin, dass die Richterinnen und Richter sich der mit der Strafzumessung einhergehenden Verantwortung bewusst sind und sie diese daher gewissenhaft und soweit möglich frei von illegitimen Einflüssen ausüben, pflichte ich aufgrund meiner persönlichen gerichtlichen Erfahrung den Praxisberichten insoweit bei, dass die theoretischen Vorgaben und Vorschläge, welche der Rechtprechung und Lehre zu entnehmen sind, beschränkt Einfluss auf die effektive Bildung des Strafmasses haben. Ebenfalls beobachte ich – insbesondere an mir selbst –, dass Richterinnen und Richter bei der Festsetzung der Strafe unbesehen von der bundesgerichtlichen Methodik intuitiv auf ein Endergebnis hinsteuern, namentlich auf ein Bauchgefühl hinsichtlich dem nach ihrer Lebenserfahrung «in solchen Fällen übliche» Strafmass.26 Zwar wird, wenn die Strafe etwa in einem Entscheidgremium zu beantragen und zu vertreten ist, durchaus in den einzelnen Schritten der höchstgerichtlich vorgegebenen Systematik argumentiert; dies geschieht jedoch immer mit Blick auf den Bereich, wo das Endergebnis dieses vorgeblich methodischen Vorgehens nach dem bereits zuvor festgelegten «Ergebnis nach Bauchgefühl» hinzufallen hat. Das bedeutet, das Strafmass wird im Ergebnis oder zumindest in einem bestimmten Ergebnisbereich zunächst festgelegt und erst hinterher vor dem Hintergrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung «methodengerecht» begründet, d.h. für das gerichtsinterne Referat und/oder die schriftliche Begründung nachträglich in die jeweiligen Bruchteile (Tat- und Täterkomponenten, Aufteilung in Straftaten) aufgeteilt.

[13] Nach meiner Empfindung lässt es sich aufgrund der menschlichen Natur kaum vermeiden, einer solchen «ergebnisorientierten» Vorgehensweise zu folgen. Dazu verleitet auch die aktuelle Ausgestaltung des Verfahrensgangs, wonach die Parteien ihre Anträge betreffend der Sanktion in einem frühen Stadium, die Staatsanwaltschaft sogar mit Anhebung der Anklage, einreichen können.27 Liegt bei Eingang der Anklage ein Sanktionsantrag der Staatsanwaltschaft bereits vor, so ist dieser regelmässig das Einzige, was betreffend der Strafzumessung als konkret «Greif- und Fassbares» im Raum steht. Hinzu kommt, dass die Parteien ihre Anträge ebenfalls oft als Endergebnis formulieren. Spätestens wenn sich die Richterin oder der Richter von der Existenz und der Strafbarkeit des eingeklagten Sachverhalts überzeugen kann, wird sie sich am vorbestehenden Sanktionsantrag der Staatsanwaltschaft orientieren und daran einen Abgleich machen, ob dieser «aus dem Bauch heraus» als angemessen oder (und aus welchen Gründen) zu hoch oder zu tief erscheint.

[14] Eine Verifikation, ob sich dieses Bauchgefühl betreffend das «in solchen Fällen übliche» Strafmass tatsächlich in die bisherige Sanktionspraxis einreihen lässt, gestaltet sich aufgrund verschiedener Umstände als äusserst aufwendig. Insbesondere die Suche nach vergleichbaren Präjudizen ist mühevoll. Selbst wenn ein Zugang zu früheren Strafurteilen besteht, ist deren Recherche zeitintensiv, weil die Eckwerte, welche für die Strafzumessung als massgebend deklariert wurden, nicht systematisch erfasst werden, sondern jeweils in den bezüglich der Strafzumessung regelmässig knappen und schlagwortartigen Urteilsbegründungen zu suchen sind. Diese praktischen Schwierigkeiten, der stetig zunehmende Erledigungsdruck sowie das Bewusstsein, dass die Begründung mitunter nicht die wahren Zumessungsgründe nennt, dürften die Hauptursachen für die unter Strafpraktikern weit verbreitete Abneigung gegen die Methode des Präjudizenvergleichs sein,28 welche in anderen Rechtsbereichen mit ähnlich weiten Ermessenspielräumen eine Selbstverständlichkeit darstellt.29 Daher findet eine Überprüfung, ob sich das nach Bauchgefühl eruierte übliche Strafmass mit vergleichbaren Präjudizen in Vereinbarung lässt, regelmässig nicht statt.30

[15] Auch wenn die in der Rechtswirklichkeit praktizierte Ergebnisorientierung nicht dem Bild entspricht, welches die Rechtsprechung und die Lehre von der Strafzumessung zeichnen, ist sie nach meiner Ansicht nicht ausschliesslich negativ zu bewerten. Zieht man in Betracht, dass das «Endergebnis der Strafzumessung» für die in den Strafprozess involvierten Personen und die Gesellschaft mindestens so relevant ist, wie die nachvollziehbare Begründung ihrer Herleitung, wird deutlich, dass ein im Ergebnis gerechtes, weil rechtsgleiches bzw. sanktionspraxiskonformes Strafmass eine «methodisch falsche» bzw. «umgekehrte» Vorgehensweise aufzuwiegen vermag. Am Endergebnis und nicht an der Herleitung der Strafe lässt sich messen, ob eine Person in Entsprechung der bisherigen Sanktionspraxis und bezüglich gleichgelagerter Sachverhalte rechtsgleich bestraft worden ist. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine Festsetzung der Strafe, welche ohne Ergebnisorientierung strikt nach der bundesgerichtlichen Methodik vorgenommen wird, in der (praxisrelevanten) Konstellation mehrerer verwirklichter Straftatbestände zu merklich überharten Strafmassen führt.31 In der Rechtswirklichkeit muss daher nicht selten der «Asperationsquotient» angepasst werden, um die methodisch korrekt erlangte Gesamtstrafe wieder auf das Niveau des Bauchgefühls zu senken.

[16] Trotzdem sind die Gefahren, die bei der praktizierten Ergebnisorientierung bzw. einer solchen Plausibilitätskontrolle an einem zuvor gefällten Bauchentscheid lauern, nicht zu verkennen. Wenn Entscheide aus dem Bauch heraus getroffen werden, sind sie anfällig für kognitive Wahrnehmungsfehler.32 Misst man bspw. die eigene Voreinschätzung bezüglich des Strafmasses am staatsanwaltschaftlichen Sanktionsantrag, ist nicht auszuschliessen, dass man dabei dem sog. «Ankereffekt» unterliegt und sich von diesem Antrag unbewusst beeinflussen lässt.33 Dass selbst erfahrene Richterinnen und Richter bei der Strafmassbildung vor dem Ankereffekt nicht gefeit sind, haben wissenschaftliche Untersuchungen eindrücklich bewiesen.34

[17] Die vorangehenden Ausführungen machen deutlich, dass die Zumessung der Strafe in der Rechtswirklichkeit ein Vorgang darstellt, welcher massgebend von der Voreinstellung sowie der Intuition und den Emotionen der zuständigen Richterperson(en) beeinflusst ist.35 Angesichts dieser Gegebenheiten, wie die Strafen in der Wirklichkeit gebildet werden, vermag es kaum zu überraschen, dass empirische Untersuchungen aufzeigen, dass die Praxis der Strafzumessung je nach Region36 , je nach Richterpersönlichkeit37 oder gar je nach deren aktuellen Empfinden im Zeitpunkt der Urteilsfällung38 erheblich variiert.39 Nur schon der Zufall, welche Personen auf der Richterbank sitzen, kann das ausgefällte Strafmass erheblich beeinflussen,40 was angesichts der Bedeutung des Strafmasses auf das Leben der betroffenen Person eigentlich ein unerträglicher Zustand ist.

II. Die Einsatzgebiete der KI im Dienste einer rechtsgleichen bzw. gerechten Strafzumessung

1. Das Gebot der Rechtsgleichheit als wesentlicher Grundstein der gerechten Strafe

[18] Der Fakt, dass das Mass der Strafe erheblich von Zufälligkeiten abhängig ist, steht in Konflikt mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsgleichheit. Die Beachtung des Gebots der Rechtsgleichheit stellt eine wesentliche Komponente eines gerechten bzw. eines als gerecht empfundenen Strafmasses dar und bedeutet im Kontext der Strafzumessung, dass die Strafe von zwei Personen sowohl in der Art als auch der Höhe vergleichbar ausfallen muss, wenn bei identischen Vorwürfen dasselbe Tatverschulden zur Last gelegt wird.41 Dies gilt insbesondere in Rechtsbereichen, wo die Strafzumessung nach der Theorie überwiegend von objektiv in Erscheinung tretenden und somit von quantifizierbaren oder zumindest kategorisierbaren Strafzumessungsfaktoren geprägt sein müsste (bspw. im Vermögens-, Betäubungsmittel- und Strassenverkehrsstrafrecht). In einer solchen Konstellation können sich merkliche Unterschiede im Strafmass nur angesichts ungewöhnlicher Täterkomponenten oder aufgrund besonderer Billigkeitsgesichtspunkte rechtfertigen.42 Dieser Grundsatz dürfte – auch wenn im Einzelnen unterschiedliche Strafgründe und -zwecke für legitim gehalten werden – auch innerhalb der Richterschaft anerkannt sein. So stellt doch die Bezugnahme auf ein nach Bauchgefühl eruiertes übliches Strafmass im Grunde genommen eine «handgestrickte» Gewährleistung dieses Gebots dar, welche – bislang – mit vernünftigem Aufwand gar nicht anders vorgenommen werden konnte.

2. KI-Anwendung zur Gewährleistung des Gebots der Gleichbehandlung

[19] Letztere Erfahrung muss jedoch angesichts der neuen Möglichkeiten der KI verworfen werden. Eine KI-Anwendung, welche nach der Eingabe von Sachverhaltsmerkmalen, die in einem zu beurteilenden Fall vorliegen, Präjudizen mit vergleichbarer Sachverhaltskonstellation anzeigt, beseitigt sämtliche Aufwandshürden, welche sich bis anhin der gewissenhaften Prüfung in den Weg stellten, ob sich ein Strafmass in die bisherige Sanktionspraxis einreihen lässt. Hinzu kommt, dass die KI-Anwendung in der Lage ist, gestützt auf die ihr bekannte Sanktionspraxis eine konkrete Strafmassprognose abzugeben. Dies bietet der der Anwenderin überdies die Möglichkeit, das intuitiv ermittelte «üblichen Strafmass» mit einem Wert zu vergleichen, welcher mit anerkannten Methoden der Statistik aus der bisherigen Rechtsprechung abgeleitet wird. Mit dieser Funktion schlägt die KI-Anwendung gewissermassen die Brücke zwischen der praktizierten, aufwandsarmen aber fehleranfälligen intuitiven Strafmassfestsetzung an einem nach Bauchgefühl ermittelten «üblichen Mass» und der zwar gewissenhaften, aber bislang aufwendigen Eruierung der bestehenden Sanktionspraxis.

[20] Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, hier die Funktionsweise einer solchen KI-Anwendung im Detail zu erklären. Daher erfolgt dies andernorts, namentlich auf dieser Unterseite, wo überdies die Gelegenheit besteht, sich einen eigenen Eindruck über die Handhabung einer derartigen Anwendung zu machen. Daher müssen an dieser Stelle einige abstrakte Hinweise genügen: Für die KI-Anwendung werden rechnerische Herangehensweisen verwendet, die dem sog. «Machine Learning» (ML) zugeordnet werden. Dabei handelt es sich um einen Teilbereich der KI, bei welcher der Computer («machine») durch rechnerische Kenntnisnahme vorhandener Daten ("learning") Schlüsse auf weitere, nicht bekannte Daten ableitet. Auf den vorliegenden Fall gemünzt bedeutet dies, dass der Computer anhand einer Sammlung bestehender Strafurteile das unbekannte Strafmass künftiger Fälle prognostiziert. Die Strafmassprognose wird mit einem ML-Konzept namens «random forest» errechnet, welches darauf basiert, dass die bekannten Urteile in zahlreichen zufälligen («random») Stichproben anhand der zugrunde liegenden Sachverhaltsmerkmalen in möglichst disparate Untergruppen aufgeteilt werden, womit mehrere Entscheidungsbaumstrukturen («forest») gebildet werden, die je eine einzelne Strafmassprognose abgeben. Letztere werden zu einem Durchschnittswert aggregiert. Man setzt also auf das – mathematisch unter dem Stichwort «Gesetz der grossen Zahlen» erprobte – Phänomen, dass die «Schwarmintelligenz» mehrerer (im einzelnen handicapierter) Einheiten am gescheitesten ist. Die dabei verwendeten Rechenmethoden entstammen aus der Statistik und sehr vereinfacht ausgedrückt lässt sich sagen, dass die so ermittelte Strafmassprognose ein auf die fraglichen Eingabewerte abgeleiteter «Durch-schnittswert» des vorhandenen Datenmaterials darstellt. Die Präjudizen werden mit dem ML-Konzept «nearest neighbor» ermittelt, wobei die eingegebenen Sachverhaltsmerkmale mit denjenigen der in einer Datenbank abgelegten Urteile verglichen werden. Die Urteile, deren Sachverhaltsmerkmale die geringsten Differenzen zu den Eingabemerkmalen aufweisen, werden als «nächste Nachbarn» bzw. als merkmalsähnliche Präjudizen vorgeschlagen.

3. KI-Systeme zur Evaluierung der Rechtsprechung im Bereich der Strafzumessung

[21] Nur am Rande soll hier erwähnt sein, dass die soeben skizzierten KI-Methoden nebst der Gewährleistung einer praxiskonformen und somit rechtsgleichen Rechtsprechung auch genützt werden können, um die gerichtliche Strafzumessungspraxis als Gesamtes einer Evaluation zu unterziehen. Der Funktionsweise des «random forest»-Konzepts ist inhärent, dass dieses eine Bewertung darüber anstellen muss, wie wichtig die einzelnen, für die Prognosebildung zur Verfügung stehenden Sachverhaltsmerkmale für die Bildung des Strafmasses sind. Angesichts dieser Er-hebung der Massgeblichkeit von Sachverhaltsmerkmalen (etwa in Hinblick auf das Strafmass) kann bspw. geprüft werden, ob bei der Strafmassbildung Umstände eine Rolle spielen, welche gemäss der von Lehre und Rechtsprechung vertretenen Dogmatik illegitim sind (bspw. Nationalität oder Herkunft der beschuldigten Person). Für derartige Evaluierungsansätze, welche sich mit der Anwendung der KI eröffnen, und erzielte Ergebnisse sei wiederum auf die Unterseite Evaluation verwiesen.

III. Entgegnung möglicher Vorbehalte gegen den Einsatz von KI bei der Strafzumessung

[22] Der Einzug der KI in die Justiz wird aus unterschiedlichen Gründen kritisch betrachtet. Da KI-Anwendungen im Einzelnen sehr unterschiedlich funktionieren und auf verschiedenste Arten eingesetzt werden können, haben diese Bedenken in bestimmten Anwendungsfällen durchaus ihre Berechtigung. Nachfolgend soll dargelegt werden, dass diese Vorbehalte den soeben skizzierten Ansatz jedoch nicht betreffen und dass dabei die von der Justizkommission des Europarats erarbeiteten Prinzipien43 zur Verwendung von KI in der Justiz gewahrt werden.

1. Unvereinbarkeit mit richterlicher Unabhängigkeit?

[23] Gemäss Art. 30 Abs. 1 BV hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt wird, Anspruch auf ein unabhängiges Gericht. Daraus abgeleitet wird u.a. der Anspruch auf die richterliche Unabhängigkeit, wonach Richterinnen und Richter – grob zusammengefasst – das Urteil basierend auf der Rechtslage, unparteiisch, unvoreingenommen und unbeeinflusst von sachfremden Einflüssen fällen. Der Anspruch nimmt die Richterschaft in die Pflicht, sich selber laufend auf den Fortbestand ihrer Unabhängigkeit zu überprüfen und sich darüber zu vergewissern, dass sie ihr Urteil frei von unzulässigen Einflüssen fällt.44

[24] Der skizzierte Einsatz einer KI zur Findung des rechtsgleichen Strafmasses kann sowohl bei den anspruchsberechtigten (beschuldigten) Personen wie auch bei der anspruchsverpflichten Richterschaft Bedenken bezüglich der Unabhängigkeit wecken.45 Vonseiten der von der Sanktionierung betroffenen Personen könnte befürchtet werden, dass anstelle der Richterin eine Maschine tritt und die Strafe ausfällt. Eine Maschine, die im Gegensatz zu einem Menschen kein «Gerechtigkeitsgefühl», d.h. kein Gespür für aussergewöhnliche Konstellationen hat, in denen gerechtfertigt ist, einen Einzelfall nicht nach den üblichen Strafzumessungskriterien zu bemessen.46 Aber auch von Seiten der Richterschaft kann es als Einschränkung der Unabhängigkeit verstanden werden, wenn sie sich in einem Bereich, wo ihr gewohnheitsmässig ein weiter Ermessenspielraum zusteht, mit den Vorschlägen einer KI bzw. mit der früheren (allenfalls eigenen) Rechtsprechung kritisch auseinandersetzen muss.47

[25] Derartigen Vorbehalten ist zunächst entgegenzuhalten, dass die KI keinesfalls an Stelle der Richterschaft treten und deren kritische Denkfähigkeit ersetzen soll. Unbestrittenermassen gibt es gute Gründe dafür, im Bereich der Strafzumessung einen weiten Ermessenspielraum beizubehalten und so die Palette der möglichen Zumessungsfaktoren freizuhalten für atypische Einzelfälle. Angesichts ihrer Funktionsweise muss die KI bei unvorhergesehenen und daher nicht im Trainingsdatensatz befindlichen Sachverhaltskonstellationen zwangsläufig versagen.48 Das bedeutet, dass die Entscheidung über die Art und das Mass einer Strafe letztlich immer von einem Menschen zu verantworten ist.

[26] Aber selbst wenn gewährleistet ist, dass die KI bei der richterlichen Entscheidung bloss assistierend eingesetzt werden kann, besteht die Gefahr eines sog. «automation bias».49 Davon spricht man, wenn die anwendende Person die Ergebnisse der KI – auch wenn diese formell lediglich als Erledigungsvorschlag zu verstehen sind – unhinterfragt übernimmt.50 Ein solcher «automation bias» liegt bspw. vor, wenn eine KI angewendet wird, ohne wenigstens in den Grundzügen ihre Funktionsweise und die Spezifika der für das Training verwendeten Datengrundlage zu kennen. Er kann aber auch entstehen, wenn die Ergebnisse der KI vorerst hinterfragt werden und sich dabei zuverlässig als korrekt erweisen, womit die Anwenderin in der Folge auf eine Prüfung der Ergebnisse verzichtet und dabei den atypischen, durch die KI nicht als ausserordentlich erkannten Fall nicht identifiziert.

[27] Die eingangs angesprochene Pflicht der Richterschaft, sich ständig darüber zu versichern, die Rechtsprechung frei von unzulässigen Einflüssen vorzunehmen, setzt voraus, dass diese sich freiwillig einer Selbstkontrolle im Sinn einer Bewusstwerdung der Gefahren eines unverfälschten Urteils unterwirft.51 Es geht – dabei kann den Worten REGINA KIENERs nur beigepflichtet werden – um eine kritische und disziplinierte Hinterfragung des Verhältnisses der eigenen Person zu den Parteien und deren Interessen, der eigenen Vormeinungen und Abhängigkeiten sowie der in der eigenen Person liegenden Vorlieben und Abneigungen. Nur in diesem Sinn bewusste Richterinnen und Richter sind offen für andere valide Meinungen oder Wertvorstellungen und erst die Erkenntnis solcher Zusammenhänge befähigt sie zu kritischer Distanz gegenüber der eigenen Person.52 Für Strafrichterinnen und -richter bedeutet dies, dass diese sich den einleitend angesprochenen Herausforderungen und Gefahren im Bereich der Strafzumessung bewusst sein müssen, um die Strafe – welche für die betroffene Person einen erheblichen Grundrechtseingriff bedeutet – verantwortungsvoll und gerecht auszufällen. Dazu gehört nach meiner Auffassung, die eigene Rechtsprechung mit den neuen Möglichkeiten der KI auf den Einfluss von allenfalls unzulässigen Einflussfaktoren zu überprüfen und Sanktionen so auszusprechen, dass im Verhältnis zu vergleichbaren Fällen gleichmässig ausfallen. Mit anderen Worten ist die richterliche Unabhängigkeit im Bereich der Strafzumessung nicht ein Argument gegen, sondern für die Zuhilfenahme einer KI.

[28] Es besteht somit eine Wechselwirkung zwischen der richterlichen Unabhängigkeit und dem Einsatz der KI. Die Zuhilfenahme der KI im Feld der Strafzumessung kann, so meine ich, im Sinne der kritischen Reflektion über die eigene Strafzumessung, der Vergewisserung und der Betätigung der richterlichen Unabhängigkeit dienen. Umgekehrt erfordert der Einsatz der KI aber auch einer verantwortungsbewussten Anwendung. D.h. dass die Funktionsweise der KI sowie deren Kapazitätsgrenzen zumindest im Grundsatz verstanden werden und dass die Ergebnisse der KI vor diesem Hintergrund in jedem Einzelfall kritisch gewürdigt werden.
2. Diskriminierender «bias»?

[29] Wie dargelegt wurde, basieren KI-Anwendungen auf bestehenden (Trainings-)Daten – in vorliegendem Fall auf Daten über vergangene Urteile. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass die fraglichen Daten im Einzelnen unter Einfluss von kognitiven Verzerrungen und illegitimen Strafzumessungskriterien ent-standen sind und dass diese Trainingsdaten als sog. «bias» die Ergebnisse der KI verzerren.53 Diese Feststellung trifft auch auf die hier vorgeschlagene KI-Anwendung zu. Denn die KI ist grundsätzlich nicht in der Lage dazu, Urteile, die nicht auf der Grundlage von zulässigen Strafzumessungskriterien entstanden oder davon beeinflusst worden sind, zu identifizieren. Allerdings gilt es in Erinnerung zu rufen, dass bei der aktuell praktizierten Festsetzung der Strafe ebenso wenig gewährleistet ist, dass keine «bias» im Sinne menschlicher Vorurteile in die Rechtsprechung einfliesst.54 Damit ist als Zwischenfazit festzuhalten, dass die «bias»-Problematik von KI-Anwendungen kein Argument dafür darstellt, bei der Strafzumessung auf die Anwendung von KI zu verzichten, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern der Status Quo mit weniger Diskriminierungsrisiko und Fehleranfälligkeit behaftet wäre.

[30] Das Gegenteil ist der Fall. Hierzu ist einerseits festzuhalten, dass eine Nivellierung derartiger Verzerrungen zu erwarten ist, weil die vorgeschlagene KI-Anwendung zur Prognose des Strafmasses lediglich mit – gemäss der Lehre – legitimen Strafzumessungsfaktoren trainiert wird und weil dabei ein «Durchschnittswert» aus einer grossen Grundmenge von Urteilen erstellt wird. Anderseits ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die vorgeschlagene KI-Anwendung bei der Bekanntgabe unzulässiger/illegitimen Strafmasskriterien deren Massgeblichkeit enthüllen kann. Damit ist sie geradezu prädestiniert dafür, vorhandenen «bias» im Trainingsdatensatz zu erkennen. Es handelt sich somit um ein algorithmisches System, welches die Kapazität besitzt, unsachgemässe Ungleichbehandlungen sowie intuitiv gewonnene Fehleinschätzungen sichtbar und bewusst zu machen und dagegen vorzugehen.55

3. Mangelnde Transparenz?

[31] Oft wird an die KI generell der Vorwurf herangetragen, dass die Herleitung ihrer Ergebnisse für die Menschen – selbst für diejenigen, welche die KI geschaffen haben – nicht rational nachvollziehbar sei. Dass die KI gewissermassen eine «black box» und ihre Vorgehensweise undurchsichtig («opak») sei, wobei dem Benutzer vereborgen bleibe, welches die ausschlaggebenden Parameter für das Ergebnis eines KI-Systems seien.56

[32] Während der Vorwurf der Opazität für bestimmte KI-Systeme, wie den eingangs beispielhaft angesprochenen Large Language Modellen, welche auf neuronalen Netzwerken mit Milliarden von einzelnen Entscheidungsparametern basieren, zutrifft, ist er für die hier vorgeschlagene KI-Anwendung unbegründet. Die Funktionsweise des «nearest neighbor»-Konzepts ist wenig komplex und jeder einzelne Präjudiz-Vorschlag ist (bei Bedarf) in seiner Entstehungsweise vollumfänglich erklär- und nachvollziehbar. Auch wenn beim «random forest»-Konzept, welches eine Strafmassprognose abgibt und die Evaluierung der Erheblichkeit von Eingabemerkmalen möglich macht, der Zufall eine Rolle spielt, sind die verwendeten Methoden bekannt und diese unterscheiden sich nicht wesentlich von in der Rechtsprechung anerkannten statistischen Herangehensweisen, die gleichermassen auf den Zufall setzen (wie das bspw. für das «Gütesiegel» der Signifikanz einer statistischen Erhebung der Fall ist). Abgesehen davon lässt es sich schwerlich behaupten, dass die gegenwärtige Praxis der Strafzumessung einen Grad der Nachvollziehbarkeit aufweise, welcher durch den Einsatz einer opaken KI-Anwendung gefährdet würde.57

[33] Selbst wenn dies nach geltendem nationalem (vgl. Art. 21 DSG) und internationalem Recht58 nicht vorgeschrieben ist, spricht nichts dagegen, dass die vorgeschlagene KI-Anwendung und deren Datengrundlage veröffentlicht werden und dass das gerichtlich festgesetzte Strafmass unter Bezugnahme auf die Resultate einer veröffentlichten Anwendung begründet wird. Werden die skizzierten KI-Konzepte in der Strafzumessung eingesetzt, bleibt die gesetzliche Pflicht, die für die Strafzumessung erheblichen Umstände zu begründen und deren Gewicht festzuhalten (Art. 50 StGB), unverändert bestehen. Dies bedeutet, dass die Richterin sich – selbst wenn ihr die KI potentiell vergleichbare Fälle, die Gewichtung von Strafmasskriterien und gar ein Strafmass vorgeschlagen hat – nach wie vor Überlegungen dazu anstellen muss, ob die KI-Empfehlungen für den zu beurteilenden Fall nutzbar sind. Auf der anderen Seite ändert sich durch die Zuhilfenahme einer KI für den Betroffenen bezüglich des für ihn ohnehin schon undurchsichtigen Rechtsfindungsprozesses nichts zum Schlechteren – vielmehr darf er aus den dargelegten Gründen, unabhängig davon, ob ihm der assistierende Einsatz der KI angezeigt wird oder nicht, ein gerechteres Strafmass erwarten.

Würdigung und Ausblick

[34] Die aus dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Rechtsgleichheit fliessende Gleichbehandlung verurteilter Straftäterinnen und Straftäter stellt eine wesentliche Komponente eines als gerecht empfundenen Strafmasses dar. Jedoch ist die Gewährleistung dieses Prinzips in einem Rechtsbereich mit weiten Ermessenspielräumen, kaum verbindlichen Vorgaben sowie wenig griffigen Massstäben aufwendig. In Ermangelung gangbarer Alternativen wird dieser Grundsatz in der Rechtswirklichkeit bislang regelmässig lediglich intuitiv sichergestellt, wobei bei dieser Vorgehensweise die Gefahr von unzulässigen Einflüssen und kognitiven Fehlern besteht. Sodann haben zahlreiche empirische Erhebungen belegt, dass die Strafzumessung in der Praxis von Faktoren beeinflusst wird, die nach der Theorie keine Rolle spielen dürften.

[35]Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass diese Herausforderungen der gerechten Strafzumessung mit Unterstützung der KI zwar nicht behoben, aber doch verringert werden können.59 Die vorgeschlagene KI-Anwendung verschafft der anwendenden Person eine Übersicht über vergleichbare Urteile, welche es ihr ermöglicht, ein eigenes Bauchgefühl bezüglich dem Strafmass einer kritischen Würdigung darauf zu unterziehen, ob dieses sich unter dem Aspekt des rechtsgleichen Behandlung widerspruchsfrei in die bisherige Rechtsprechung einreihen lässt.60 Dadurch wird der Richterschaft im Bereich der Strafzumessung eine handfeste Alternative zu den Anträgen der Parteien zur Verfügung gestellt, um den vorhandenen Ermessenspielraum willkür- und eben auch affektionsfrei(er) ausüben zu können.


  1. 1 Siehe bspw. SABINE GLESS, Künstliche Intelligenz in der Gerichtsbarkeit, (Warum) braucht es weiter menschliche Richterinnen und Richter?, in: ZSR 5/2023, S. 429 ff. m.w.H.
  2. 2 Vgl. MARTIN KILLIAS et al., Grundriss des Allgemeinen Teils des Schweizerischen Strafgesetzbuchs, Bern 2017, Nr. 1204.
  3. 3 BGE 134 IV 1 E. 5.3.3, 136 IV 55 E. 5.5.
  4. 4 BGE 134 IV 1 E. 5.3.3, 129 IV 6 E. 6.1, 117 IV 112 E. 1.
  5. 5 Vgl. etwa BGE 129 IV 6 E. 6.1 oder HANS WIPRÄCHTIGER/STEFAN KELLER, in: Niggli Marcel Alexander/Wiprächtiger Hans (Hrsg.), Basler Kommentar Strafrecht, Strafgesetzbuch, Jugendstrafgesetz, 4. Aufl., Basel 2019, Art. 47 StGB N 85 ff. (zit. BSK StGB-BEARBEITER:IN).
  6. 6 Vgl. STEFAN TRECHSEL/MARTIN SEELMANN, in: Trechsel Stefan/Pieth Mark (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl., Zürich 2021, Art. 47 N 6 ff. (zit. PK StGB-BEARBEITER:IN); MARTIN SEELMANN, Strafzumessung und Doppelverwertung, Ein Wegweiser zu einer überprüfbaren Strafzumessung, Diss. Zürich 2023, S. 12 ff. m.w.H.; BSK StGB-WIPRÄCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 48 ff.; KILLIAS et al. (Fn. 2), Nr. 1218; WINFRIED HASSEMER, Die Formalisierung der Strafzumessungsentscheidung, in: ZStW 1978, S. 80.
  7. 7 BSK StGB-WIPRÄCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 7; GÜNTHER STRATENWERTH/FELIX BOMMER, Schweizerisches Strafrecht - Allgemeiner Teil II: Strafen und Massnahmen, § 5 N 3.
  8. 8 Vgl. auch PETER ALBRECHT, Strafzumessung ohne individuelle Tatschuld?, in: ZStR 2017, S. 459 ff., 465, wonach im Grunde genommen gar nicht möglich ist, das für die Zumessung wesentliche Kriterium des Tatverschuldens zu bestimmen.
  9. 9 StGB-TRECHSEL/SEELMANN, Art. 47 StGB N 8; vgl. auch BENEDIKT KOHN, Künstliche Intelligenz und Strafzumessung, Wie der Einsatz technischer Hilfsmittel für eine gerechtere Sanktionspraxis im digitalen Zeitalter sorgen könnte, Diss. Augsburg, Baden-Baden 2021, S. 123.
  10. 10 PETER ALBRECHT, Die Strafzumessung im Spannungsfeld von Theorie und Praxis, in: ZStrR 1991, S. 46; STRATENWERTH/BOMMER (Fn. 7), Nr. 4.
  11. 11 Siehe bspw. BGE 147 IV 108 E. 2.2.5, 144 IV 217 E. 2.2 und 3.5.1, 136 IV 55 E. 5.4 ff.
  12. 12 BGE 136 IV 55 E. 5.4.
  13. 13 BGE 144 IV 217 E. 3.5, 136 IV 55 E. 5.7 ff.
  14. 14 ALBRECHT (Fn. 10), S. 50; SEELMANN (Fn. 6), S. 283 f.; Die Tatsache, dass sich das Bundesgericht zur Massgeblichkeit der einzelnen Strafzumessungsfaktoren nur sehr zurückhaltend äussert, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass auch dort die Auffassungen über die vom Gesetzgeber offengelassene Grundsatzfrage nach der Letztbegründung des Strafens weit auseinander gehen; vgl. die Rezension von Alt-Bundesrichter HANS WIPRÄCHTIGER betreffend das in der nachfolgenden Fussnote bezeichnete Grundlagenwerk zur Strafzumessung von Alt-Bundesrichter HANS MATHYS in: forumpoenale 1/2017, S. 60 ff.
  15. 15 HANS MATHYS, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl., Basel 2019, Nr. 105.
  16. 16 Vgl. bspw. STEPHAN SCHLEGEL/OLIVER JUCKER, Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz sowie zu Bestimmungen des StGB und OBG mit weiteren Erlassen, 4. Aufl., Zürich 2022, Art. 47 StGB N 44 ff.
  17. 17 KARL-LUDWIG KUNZ, Überlegungen zur Strafbemessung auf erfahrungswissenschaftlicher Grundlage, in: Kunz Karl-Ludwig (Hrsg.), Bürgerfreiheit und Sicherheit, Perspektiven von Strafrechtstheorie und Kriminalpolitik, Bern 2000, S. 223 f.; ALBRECHT (Fn. 8), machte kein Hehl daraus, dass er mittels der Bemessung der Strafe persönliche sozialpolitische Anschauungen verwirklichte, vgl. S. 467 f.
  18. 18 KUNZ (Fn. 17), S. 229; ALBRECHT (Fn. 10), S. 53 f.; MARK SCHWEIZER, Kognitive Täuschungen vor Gericht: Eine empirische Studie, Diss. Zürich 2005, Nr. 110 m.w.H.; JOHANNES KASPAR, Digitalisierung als Chance für die Strafzumessung?, in: KriPoZ 1/2023, S. 6.
  19. 19 SABINE GLESS/WOLFANG WOHLERS, Subsumtionsautomat 2.0 - Künstliche Intelligenz statt menschlicher Richter? in: Martin Böse/Kay H. Schumann/Friedrich Toepel (Hrsg.), Festschrift für Urs Kindhäuser zum 70. Geburtstag, Baden-Baden 2019, S. 158; ALBRECHT (Fn. 10), S. 53 f.
  20. 20 BSK StGB-WIPRÄCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 9.
  21. 21 HASSEMER (Fn. 6), S. 80.
  22. 22 HANSPETER KIENER, Den Tarif durchgeben?, Die zahlenmässig Gewichtung von Strafzumessungsfaktoren als Mittel zur Herstellung von Vergleichbarkeit und Transparenz, dargestellt anhand ausgewählter Delikte mittlerer und schwerer Kriminalität, in: ZStR 2007, S. 373 f.
  23. 23 MATHYS (Fn. 15), Nr. 579.
  24. 24 In den grundsätzlichen Erwägungen desselben Werks bekräftigt MATHYS die gesetzliche Anforderung, dass die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung in der schriftlichen Urteilsbegründung festzuhalten sind, vgl. Nr. 63 ff.
  25. 25 Siehe auch THOMAS KÜRSTEINER, Künstliche Intelligenz in der Rechtsprechung diskutiert am Beispiel der Begründungspflicht, in: «Justice - Justiz - Giustizia» 1/2024, Nr. 49.
  26. 26 Siehe ALBRECHT (Fn. 10), S. 45 u. 51 m.w.H; HASSEMER (Fn. 6), S. 69 f.; KASPAR (Fn. 18), S. 6.
  27. 27 ALBRECHT (Fn. 10), S. 51.
  28. 28 Siehe BGE 141 IV 61 E. 6.3.2, 135 IV 191 E. 3.1; vgl. Urteil des Bundesgerichts 7B_255/2022 vom 28. September 2023 E. 4.3.1 m.w.H; MATHYS (Fn. 15), Nr. 578 ff.
  29. 29 Vgl. bspw. BGE 140 V 356 E. 5.5.1, 138 III 337 E. 6.3.4, 128 III 447 E. 1.6.
  30. 30 ALBRECHT (Fn. 10), S. 52.
  31. 31 Zu einer vergleichbaren Einschätzung gelangt ALBRECHT (Fn. 10), S. 62.
  32. 32 EVELYNE HUNZIKER, Algorithmen in der Strafrechtspflege, Biases und Diskriminierung von Mensch und Maschine, in: Monika Simmler (Hrsg.), Smart Criminal Justice, Der Einsatz von Algorithmen in der Polizeiarbeit und Strafrechtspflege, Basel 2021, S. 184 f.
  33. 33 DAVID NINK, Justiz und Algorithmen, Über die Schwächen menschlicher Entscheidungsfindung und die Möglichkeit neuer Technologien in der Rechtsprechung, Diss. Speyer 2020, Berlin 2021, S. 53 ff.; SCHWEIZER (Fn. 18), Nr. 191 ff.; CHRISTOPH NICKOLAUS, Ankereffekte im Strafprozess, Verstoss gegen das Prinzip des fairen Verfahrens, Diss. Mainz 2018, Baden-Baden 2019, passim; HUNZIKER (Fn. 32), S. 283; KOHN (Fn. 9), S. 118 ff.; je m.w.H.
  34. 34 BIRTE ENGLICH/THOMAS MUSSWEILER, Sentencing Under Uncertainty, Anchoring Effects in the Courtroom, in: Journal of the Applied Social Psychology, 7/2001, S. 1535 ff.; NICKOLAUS (Fn. 33), S. 202 ff., 222; SCHWEIZER (Fn. 18), Nr. 212 ff.
  35. 35 ALBRECHT (Fn. 10), S. 52.
  36. 36 KOHN (Fn. 9), S. 97 ff.; NINK (Fn. 33), S. 84 ff.; je m.w.H.
  37. 37 KEVIN CLANCY/JOHN BARTOLOMEO/DAVID RICHARDSON, Sentence Decisionmaking, The Logic of Sentence Decisions and the Extent and Sources of Sentence Disparity, in: Journal of Criminal Law and Criminology 2/1981, S. 524 ff.; vgl. die Rezeption in DANIEL KAHNEMAN/OLIVER SIBONY/CASS R. SUNSTEIN, Noise, Was unsere Entscheidungen verzerrt – und wie wir sie verbessern können, dt. Übersetzung von "Noise, A Flaw in Human Judgement", München 2021, S. 83 ff.; SIMMLER et al., Disparität in der Strafzumessung: Ergebnisse einer Studie zur punitiven Einstellung von RichterInnen und StudentInnen, in: SZK 2/2017, S. 15 f.; KOHN (Fn. 9), S. 111 ff. m.w.H.
  38. 38 NINK (Fn. 33), S. 74 ff. und KOHN (Fn. 9), S. 114 ff. mit Verweis auf die berühmte Studie von SHAI DANZINGER/JONATHAN LEVAV/LIORA AVNAIM-PESSO, passim, betreffend israelische Bewährungsentscheide, die im Tagesverlauf, insb. nach den Mahlzeiten, unterschiedlich ausgefallen seien; siehe auch KAHNEMAN/SIBONY/SUNSTEIN (Fn. 37), S. 23, mit Hinweisen auf ähnliche Studien.
  39. 39 M.w.H. KAHNEMAN/SIBONY/SUNSTEIN (Fn. 37), S. 21 ff.; BSK StGB-WIPRÄCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 9; HANS WIPRÄCHTIGER, Strafzumessung und bedingter Strafvollzug – eine Herausforderung für die Strafbehörden, in: ZStrR 1996, S. 424.
  40. 40 ALBRECHT (Fn. 8), S. 463.
  41. 41 BSK StGB-WIPRÄCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 10 und 200 ff.; PK StGB-TRECHSEL/SEELMANN, Art. 47 N 6 und 45 ff.
  42. 42 Siehe zum Ganzen PK StGB-TRECHSEL/SEELMANN, Art. 47 N 6; vgl. BSK StGB-WIPRÄCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 200 ff.
  43. 43 European ethical Charter on the use of Artificial Intelligence in judicial systems and their environment, Adopted at the 31st plenary meeting of the CEPEJ (Strasbourg, 3–4 December 2018), (https://rm.coe.int/ethical-charter-en-for-publication-4-december2018/16808f699c, zuletzt besucht am 12. August 2024; zit. CEPEJ-Richtlinie).
  44. 44 Vgl. REGINA KIENER, Richterliche Unabhängigkeit, Verfassungsrechtliche Anforderungen an Richter und Gerichte, Habil. 2000, Bern 2001, S. 21 ff. u. 372.
  45. 45 Vgl. CATHERINE REITER, Künstliche Intelligenz im Verwaltungsverfahren, in: AJP 9/2022, S. 992 m.H.
  46. 46 JACQUELINE MELZER, Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf Völkerrecht, insbesondere die Gewährleistung der Garantien des Art. 6 EMRK, in: InTeR 2020 S. 146.
  47. 47 Vgl. ALBRECHT (Fn. 10), S. 61 f.; KUNZ (Fn. 17), S. 226.
  48. 48 NADJA BRAUN BINDER/MATTHIAS SPIELKAMP et al., Bericht der Staatskanzlei Zürich über den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Verwaltung: rechtliche und ethische Fragen, Schlussbericht vom 28. Februar 2021 zum Vorprojekt IP6.4, S. 47.
  49. 49 Vgl. KASPAR (Fn. 18), S. 6.
  50. 50 PHILIP GLASS, Datenschutzrecht für künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung, in: Michael Widmer (Hrsg.), Datenschutz - Rechtliche Schnittstellen, Zürich/St. Gallen 2023, S. 221 f.
  51. 51 KIENER (Fn. 44), S. 327.
  52. 52 Zum Ganzen KIENER (Fn. 44), S. 327.
  53. 53 NADJA BRAUN BINDER, Künstliche Intelligenz und automatisierte Entscheidungen in der öffentlichen Verwaltung, in: SJZ 115/2019 S. 473 f.; Binder/Spielkamp et al. (Fn. 48), S. 40 f.; Reiter (Fn. 45), S. 987 f.; ANNA BOOS/MICHÈLE NATALIE POMPE, Die demokratische Legitimität der Anwendung Künstlicher Intelligenz in der Rechtsprechung, in: JULIA MEIER/NADINE ZURKINDEN/LUKAS STAFFLER (Hrsg.), Recht und Innovation, Innovation durch Recht, im Recht und als Herausforderung für das Recht, Zürich/St. Gallen 2020, S. 254 f.; European Commission for the Efficiency of Justice (CEPEJ), CEPEJ-Richtlinie (Fn. 43), S. 55.
  54. 54 BOOS/POMPE (Fn. 53), S. 252; KÜRSTEINER (Fn. 25), Nr. 49.
  55. 55 Vgl. Universität Zürich, Digital Society Initiative, Positionspapier, Ein Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz, November 2021, (https://www.dsi.uzh.ch/dam/jcr:3a0cb402-c3b3-4360-9332-f800895fdc58/dsi-strategy-lab-21-de.pdf, zuletzt besucht am 20. Juni 2024), S. 4.
  56. 53 Vgl. BOOS/POMPE (Fn. 53), S. 245; MELZER (Fn. 46), S. 149.
  57. 57 KÜRSTEINER (Fn. 25), Nr. 49.
  58. 58 Dabei ist insbesondere die seit August 2024 in Kraft getretene KI-Verordnung der Europäischen Union angesprochen, nach welcher die hier vorgeschlagene Anwendung ein Hochrisiko-KI-System darstellt, deren Betreiber zahlreiche Verpflichtungen, etwa ein Auskunftsrecht für betroffene Personen, treffen. Allerdings untersteht der Einsatz an schweizerischen Gerichten nicht dem Anwendungsbereich der KI-Verordnung. Vgl. zum Ganzen DAVID ROSENTHAL, Der EU AI Act – Verordnung über die künstliche Intelligenz, in: Jusletter 5. August 2024.
  59. 59 Gl.M. HUNZIKER (Fn. 32), S. 283 ff.; KOHN, (Fn. 9), S. 230 ff.
  60. 60 HUNZIKER (Fn. 32), a.a.O.